Ist die Grundversicherung in der Schweiz für Deutschland ein Vorbild?

Die Diskussion um die reißt einfach nicht ab. Die SPD hält an der Bürgerversicherung fest und verweist auf die Schweiz, wo die heftig umstrittene Versicherung schon seit vielen Jahren ein großer Erfolg ist. Das stimmt nicht so ganz, denn in der Schweiz gibt es ein sehr ähnliches Modell zur Bürgerversicherung, wie sie die Sozialdemokraten planen. Ein Blick auf den kleinen Nachbarn zeigt allerdings, richtig günstig ist die Versicherung in der Schweiz nicht.

Alle zahlen ein

Bereits seit 1996 gibt es in der Schweiz ein Gesundheitssystem, in das alle Bürger des Landes einzahlen. Dieses System hat große Ähnlichkeiten mit der Bürgerversicherung, die nach dem Wunsch der SPD auch in eingeführt werden soll. Das System in der Schweiz ist in zwei Teile geteilt: Zum einen enthält die Versicherung die sogenannte Obligatorische Krankenpflegeversicherung, kurz OKP, die auch genannt wird. Zum anderen gibt es die private freiwillige . In der Schweiz ist die Prämie für die Versicherung nicht vom Einkommen abhängig, daher handelt es sich streng genommen um eine sogenannte Kopfpauschale. In Deutschland wollen die Grünen, die Linken und vor allem die SPD den Beitrag für die Bürgerversicherung an das Einkommen der koppeln. Wer mehr verdient, der muss auch mehr in die Versicherung einzahlen als zum Beispiel ein Geringverdiener oder ein Rentner.

Alle müssen versichert sein

8,37 Millionen Einwohner hat die Schweiz und jeder einzelne dieser Bürger muss versichert sein. Das gilt für den Banker ebenso wie für den Beamten, den Baggerfahrer und den Bahnangestellten. Alle, die versicherungspflichtig sind, können unter 60 Kassen wählen. Alle Anbieter sind staatlich anerkannt und sie arbeiten nicht gewinnorientiert. Die Versicherung gilt aber nicht nur für diejenigen, die einen Schweizer Pass haben, sondern auch für alle, die sich in der Schweiz aufhalten. Im Gegensatz zu Deutschland müssen sich alle Mitglieder einer Familie selbst versichern, eine gemeinschaftliche Versicherung wie die gesetzliche in Deutschland, gibt es bei den Eidgenossen nicht. Wer einmal versichert ist, der kann erst nach einem Jahr den Anbieter wechseln.

Was bietet die Schweizer Grundversicherung?

Alle Schweizer sind in der Grundversicherung versichert und alle haben den gleichen Anspruch auf Leistungen. Die Versicherungen müssen alle ihre Kunden gleich behandeln, niemand wird bevorzugt und niemand weniger gut behandelt als ein anderer. So schreibt es das zuständige Bundesamt für Gesundheit vor. Wie der individuelle gesundheitliche Zustand jedes einzelnen Kassenmitglieds ist, das spielt keine Rolle. Die Krankenversicherung in der Schweiz trägt alle Kosten bei der Diagnostik, sie bezahlt die notwendigen Behandlungen und auch alle Medikamente im Falle einer Krankheit, bei einem Unfall und bei einer Entbindung. Kommt es zu einem Unfall, dann zahlt die Krankenversicherung aber immer nur dann, wenn der Patient keine andere Versicherung hat.

Was ist nicht abgedeckt?

Ein sehr wichtiger Bereich im gesundheitlichen Bereich ist in der Schweizer Grundversicherung hingegen nicht zu finden: die Behandlung bei einem Zahnarzt. Grundsätzlich müssen die Eidgenossen für die Behandlung ihrer Zähne selbst aufkommen. Das heißt, wer eine Brücke, eine Voll- oder Teilprothese, eine Krone oder Implantate benötigt, der muss selbst zum Teil sehr tief in die Tasche greifen. Es gibt allerdings die Möglichkeit, eine spezielle private abzuschließen, aber die Prämien für diese Versicherungen sind sehr teuer. Neben einer zusätzlichen Zahnversicherung haben die Bürger der Schweiz noch mehr Möglichkeiten für zusätzliche Versicherungen. Da gibt es unter anderem die „Behandlung durch Naturärzte“ oder die „Privatabteilung in Spital“. Die für diese Zusatzversicherung richten sich stets nach dem jeweiligen Risiko des Versicherten. Ein weiteres sehr wichtiges Kriterium ist auch das Alter. Wie lange eine solche zusätzliche Versicherung äuft, das muss jeder mit seiner Versicherung vereinbaren.

Wie finanziert sich die Schweizer Grundversicherung?

In Deutschland wird die von der SPD gewünschte Bürgerversicherung ebenfalls abgelehnt, weil sie angeblich zu teuer ist. Aber wie sieht es mit der Grundversicherung in der Schweiz aus, wie finanziert sich diese Versicherung für alle Bürger des Landes? Die Grundversicherung finanziert sich über drei Säulen:

  • Die Kostenbeteiligung der Versicherten

Im Schweizer Versicherungsmodell bestimmt die Höhe der sogenannte Franchise, bis zu welchem Betrag ein Versicherter im Falle einer Krankheit die Kosten selbst übernehmen muss. Diese Franchise gibt es in sechs unterschiedlichen Stufen von 300,- Franken bis 2500 Franken. Je höher die Franchise ist, umso kleiner ist die Prämie. Der Selbsterhalt liegt aber bei zehn Prozent und das bis zu einem maximalen Betrag von 700,- Schweizer Franken im Jahr.

  • Geld vom Staat und von den einzelnen Kantonen

Die Beteiligung des Staates und der Kantone an der Grundversicherung hilft dabei, die Prämien immer günstig zu halten. Da die Kostenbeteiligung in jedem Kanton unterschiedlich ausfällt, spielt es für die Schweizer auch eine wichtige Rolle, wo sie wohnen.

  • Die Beiträge der Versicherten

Die Beiträge der Versicherten sind die wohl wichtigste Säule bei der Schweizer Grundversicherung. Diese Beiträge müssen für die Versicherung immer kostendeckend sein, die Höhe der Prämien ist aber nicht vom Einkommen abhängig. Unterschieden wird nach dem Alter des Versicherten und dem Ort, an dem er wohnt. Insgesamt gibt es 43 unterschiedliche Prämien-Regionen, die alle eigene Beitragsstaffeln haben. Zudem wirkt sich auch die vom Versicherten gewählte Franchisestufe auf die Höhe der Prämien aus.

Alle Versicherten, die ein eher geringes Einkommen haben, aber auch Kinder und Jugendliche, die sich in der Ausbildung befinden, bekommen in der Regel einen Preisnachlass bei den Prämien.

Fazit

Selbst wenn der Schweizer Staat das Gesundheitssystem stark reguliert, sind die Menschen in der Schweiz mit ihrer Krankenversicherung sehr zufrieden. Sie ist allerdings nicht ganz so günstig, aber das wäre bei einer Bürgerversicherung in Deutschland wie sie die SPD plant, auch nicht der Fall. Im Jahr 2012 lagen die gesamten Kosten in der Schweiz bei 11,3 Prozent der kompletten Wirtschaftsleistung. Deutschland lag zu diesem Zeitpunkt bei 10,9 Prozent. Nach den USA und Norwegen ist das Gesundheitssystem der Schweiz das teuerste System weltweit. Das liegt möglicherweise auch daran, dass die Menschen in der Schweiz recht wohlhabend sind. Je vermögender die Bürger eines Landes sind, umso höher liegen auch die Kosten für die gesundheitliche Versorgung. Die Bürgerversicherung in Deutschland soll eine Kostenerleichterung für die Bürger sein, leider, so sind sich Experten einig, profitieren nicht alle Bürger davon.

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